Wenn die Freiheit im Internet an ihre Grenzen stößt.

Das World Wide Web ist wahrhaftig eine eigene Welt, die oftmals mit den Regeln und Gepflogenheiten der realen Welt kollidiert. Freiheiten existieren viele – doch die Freiheit stößt auch in dieser virtuellen Parallelwelt immer wieder an ihre Grenzen.
September 2022

Wenn die Freiheit im Internet an ihre Grenzen stößt.

Das World Wide Web ist wahrhaftig eine eigene Welt, die oftmals mit den Regeln und Gepflogenheiten der realen Welt kollidiert. Freiheiten existieren viele – doch die Freiheit stößt auch in dieser virtuellen Parallelwelt immer wieder an ihre Grenzen.

Nie wieder eine Kolumne verpassen?

Dann abonnieren Sie doch einfach unseren Newsletter!

Es herrschten angenehme 19° C im schweizerischen Genf, als der Physiker Tim Berners-Lee am CERN sein Konzept für das World Wide Web vorstellte. Dieser Tag kann zweifelsohne als Geburtstag des heutigen Internets gesehen werden. Was damals noch eine Idee war, hat sich im Verlauf der vergangenen 33 Jahre zu einer virtuellen Parallelwelt entwickelt. Unternehmen wurden auf Basis des Internets gegründet, Trends erfunden sowie abgeschafft und auch dieser Text wäre nicht zu lesen, wenn der Brite Berners-Lee nicht dieses Konzept vorgestellt hätte. Das World Wide Web ist wahrhaftig eine eigene Welt, die oftmals mit den Regeln und Gepflogenheiten der realen Welt kollidiert. Freiheiten existieren viele – die Freiheit zu sein, wer man möchte, anonym oder nicht zu sagen, was man möchte und kaufen zu können, was immer das Herz begehrt. Doch die Freiheit stößt auch in dieser virtuellen Parallelwelt immer wieder an ihre Grenzen.

Die Freiheit der Selbstverwirklichung

Während in der realen Welt große und kleine Betriebe Jahr für Jahr um neue Auszubildende buhlen, hat sich das Internet mittlerweile zu einem Ort der eigenen Selbstverwirklichung entwickelt. Viele Berufe haben zu Beginn des Internets noch nicht einmal existiert. Die Begriffe SEO-Spezialist:in oder Performance-Marketer:in hätten in den späten 80er-Jahren zu nichts weiter als Stirnrunzeln geführt. Und während fast 40 Prozent der Ausbildungsplätze 2021 in Deutschland unbesetzt blieben, suchen sich viele junge Menschen ihre Berufe im Internet aus. Influencer:innen, Gamer:innen, YouTuber:innen – die Nachfrage nach diesen Berufen ist mittlerweile so groß, dass in der Schweiz sogar die „Swiss digital influencer academy“ gegründet wurde, in der junge Menschen zu Influencer:innen ausgebildet werden. Die Freiheit der beruflichen und persönlichen Selbstverwirklichung scheint im Internet keine Grenzen zu haben. Ein Ort, an dem jede präsentieren, sagen und besorgen kann, was er oder sie möchte. Jedoch nicht nur im positiven Sinne.

Die Grenzen des Vorstellbaren

Dass das Internet, wie die meisten Menschen es kennen, nur die Spitze des Eisbergs ist, ist
weitestgehend bekannt. Das Deep Web, also die Informationen aus Bildern, Texten und
Datenbanken, welche über Google & Co nie zu finden sind, machen schätzungsweise 95 Prozent des gesamten Internets aus. Im Deep Web befindet sich ebenfalls das Darknet, wo die Grenzen der Legalität und des Vorstellbaren praktisch nicht existieren. Zu erreichen über spezielle Zugänge, bietet das Darknet einen Raum für alles, was man möchte. Drogen, Waffen, Kreditkartendaten, Anleitungen für den Bau einer Bombe – wer sucht, der findet.
Menschen im Darknet nehmen sich die Freiheiten, die ihnen im „öffentlichen“ Internet nicht
gestattet sind. Die Freiheit der Selbstverwirklichung scheint an dieser Stelle des Internets grenzenlos, denn wenn man weiß, wo man suchen muss, kann man an diesem Ort Dinge bekommen, die man sich nicht hätte vorstellen können.

Die Freiheit des Lachens

Selbstverständlich macht dieser Umstand das öffentliche und frei zugängliche Internet nicht weniger interessant. Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich mithilfe von sozialen Netzwerken und Video- Plattformen zahlreiche Memes, Fotos, Audiostücke und Videos zu wahren Perlen der Internetkultur gemausert. Es reichen Stichwörter, wie „Gewitter-Oma“, „Jesus Tanz“ oder „Erdbeerkäse“ und die meisten Menschen zücken ihr Smartphone und suchen die passenden Videos dazu, um zum einhundertsten Mal schnappatmend darüber zu lachen und stundenlang darüber zu sprechen. Wer hat sich nicht schon allein oder mit Freunden von einem Video zum nächsten geklickt und dabei völlig die Zeit aus den Augen verloren? Egal, welcher Humor, zum Lachen findet jeder etwas.

Die Grenzen des Spaßes

Jedoch hat auch die Freiheit des Lachens seine Grenzen. Und zwar, wenn ganze Persönlichkeiten darunter zu leiden haben. Die meisten Menschen kennen den Namen der Frau, die dem legendären Erdbeerkäse seinen Platz im Kühlregal gesichert hat. Doch wissen nur die wenigsten etwas über den Rechtsstreit, der zwischen ihr und dem TV-Sender entbrannt ist, da sie ihrer Meinung nach verzerrt dargestellt wurde. Natürlich lässt sich an der Stelle argumentieren, wieso jemand an so einer Show teilnimmt und diese Figur abgibt, jedoch ist das Thema größer als der Frauentausch-Fall. Mit dem Aufbau der virtuellen Welt des Internets haben sich auch Konflikte und Mobbing dahin gehend verschoben. Im Schutze der Anonymität werden prominente und nicht-prominente Persönlichkeiten aufgrund ihres Aussehens oder anderer charakterlicher Eigenschaften bedroht, bloßgestellt oder belästigt – ohne, dass sich die Opfer im ersten Schritt dagegen wehren können. Dass dies nicht nur zu kurzweiligen Schäden der Psyche, sondern weitreichende Folgen haben kann, zeigt eine bundesweite Untersuchung, in der jeder fünfte betroffene Jugendliche bereits Suizidgedanken aufgrund von Cybermobbing hatte.

Die Freiheit der Meinungsäußerung

Im Gegensatz zu Cybermobbing bietet das Internet ein unschlagbares Argument für seine
Existenzberechtigung – die Schnelligkeit der Information. Nie zuvor war es einfacher und schneller möglich, Neuigkeiten um die gesamte Welt zu schicken. Kurznachrichten-Dienste, wie Twitter, Messenger-Dienste, wie WhatsApp oder diverse Social-Media-Kanäle bringen Eilmeldungen binnen Sekunden als Push-Benachrichtigung, sodass die ganz Welt erfahren kann, welches neue Staatsoberhaupt gewählt oder gestürzt wurde, welche Profisportler:innen sich verletzt haben oder wo sich die Menschen während einer Katastrophe bestmöglich informieren können. Wo Tages- und Wochenzeitungen an Grenzen stoßen, fängt das Netz gerade erst an. Im Internet bekommen Menschen plötzlich den nötigen Raum, um ihre auf offensichtliche Probleme aufmerksam zu machen. Sie bekommen eine Stimme. Während vor der Zeit des World Wide Web Missstände leicht vertuscht werden konnten, reichen heute wenige Klicks und Videos gehen binnen
wenigen Stunden viral, woraus sich sogar ganze Menschenrechtsbewegungen bilden. Die #metoo oder Black Lives Matter Bewegungen beweisen die enorme Kraft, die dank des Internets entwickelt werden kann. 

Informationsaustausch in Echtzeit – noch nie war die freie Meinungsäußerung so global wie heute im Internet.

Die Grenzen der freien Meinungsäußerung

Dies geht jedoch in vielen Regionen der realen Welt nur so lang gut, wie manche Machthaber es dulden. Viele Länder der Erde werden autoritär und diktatorisch geführt. Kritik am Staat oder dem Staatsoberhaupt können sowohl für Journalistinnen und Journalisten als auch die allgemeine Bevölkerung schwerwiegende Folgen haben. In dem Bericht Internet under Surveillance der Organisation Reporter ohne Grenzen wird aufgeführt, wie in 60 unterschiedlichen Ländern die Informationsfreiheit eingeschränkt wird. Unerwünschte Seiten werden blockiert oder gar entfernt, User und Journalist:innen überwacht und Providern sogar die Lizenzen entzogen. In Kasachstan wurde etwa Anfang des Jahres aufgrund der anhaltenden Proteste aus dem Volk das öffentliche Internet vom Präsidenten abgeschaltet. Dies zeigt, wie sehr das Internet ebenfalls zur Machtausübung genutzt werden kann und wird.
Im Zuge dessen muss auch Nordkorea genannt werden. Das gesamte Internet des Landes ist vom Rest der Welt abgeschottet. Der Staat überwacht die wenigen Domains und nur wenige privilegierte Menschen haben die Möglichkeit für Shopping und Banking im Internet. Der freie Zugang zu Informationen oder gar Schutz der eigenen Privatsphäre/Daten im Internet? Nicht in Nordkorea. 

Apropos Datenschutz – es gibt wahrscheinlich nicht viele internetaffine Menschen, die nichts vom kürzlich veröffentlichten Jahresbericht des Tech-Konzerns Meta mitbekommen haben. Da dem Unternehmen in der EU strenge Datenschutzregeln gegenüberstehen, sieht das Unternehmen um Geschäftsführer Mark Zuckerberg seine Finanzergebnisse in Gefahr und droht seine Dienste, wie Facebook & Co. in der Europäischen Union abzuschalten. Dass dies jedoch wirklich geschieht, darf stark bezweifelt werden, wenn man bedenkt, dass der europäische Markt 25 Prozent (2020: 19,1 Mrd. US-Dollar) des Gesamtumsatzes ausmachen. Meta und die EU werden sich auf einen datenschutzkonformen Kompromiss einigen. Wie dieser aussieht, bleibt abzuwarten.


In seinem Kern gibt das Internet jedem Menschen die Möglichkeit jegliche Informationen zu erhalten und zu veröffentlichen. In manchen Ländern der realen Welt stößt diese Freiheit jedoch noch stark an seine Grenzen. Besonders Länder, wie Kasachstan oder Nordkorea zeigen beispielhaft, wie das Internet zur eigenen Machtausübung kontrolliert wird und die freie Meinungsäußerung an seine Grenzen stößt.

Fazit – Wir sind noch ganz am Anfang

Das öffentliche Internet, so klein es auch sein mag, ist eine Welt, in der Existenzen erschaffen und zerschmettert wurden. In der Unternehmen gegründet und wieder geschlossen wurden. In der Meinungen schneller als über jedes andere Medium geteilt und wieder gesperrt werden können. Es ist eine Welt der Gegensätze, mit vielen eigenen Regeln, die mit den Gepflogenheiten der realen Welt kollidieren. Es wäre töricht zu glauben, dass die Menschen genau wissen, wo es mit dem Internet noch hingehen wird oder wie es bestmöglich genutzt werden sollte. Dieser Text entsteht für das Internet an einem sonnigen Februartag mit einer Temperatur von 9° C. Knapp 33 Jahre nach der Vorstellung des Konzepts für das World Wide Web. Das Internet hat sich seither prächtig entwickelt. Jedoch stehen wir immer noch ganz am Anfang.nicht, was ein Algorithmus ist. Auch ist weniger als der Hälfte der europäischen Bevölkerung bekannt, dass Algorithmen bereits in vielen Lebensbereichen eingesetzt werden. Besonders niedrig sind dabei die Werte für Anwendungsfelder, wo Entscheidungen von Algorithmen potenziell folgenreich für die soziale Teilhabe sind, etwa bei der Kreditvergabe, der Bewerberauswahl und der medizinischen Diagnostik. Zudem tritt die europäische Bevölkerung Algorithmen mit gemischten Gefühlen entgegen. So assoziieren Europäerinnen und Europäer mit Algorithmen sowohl positive Aspekte wie Effizienz und Zeitersparnis als auch Negatives wie Angst oder das Risiko der Manipulation. Insgesamt überwiegt die optimistische Grundhaltung. Ebenso betonen Männer und Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss stärker die Vorteile durch algorithmenbasierte Entscheidungsfindung. Fazit: Es bleibt viel zu tun, um analoge und virtuelle Welten durch die Anwendung von KI gerechter und die Menschen in ihnen erfolgreicher zu machen – gerade auch in Unternehmen.

Über Tobias Lauenroth

Als freiberuflicher Texter unterstützt Tobias Lauenroth, vom Start-up bis zum Konzern, diverse
Unternehmen bei der Konzeption und Durchführung von Marketingkampagnen. Er selbst bezeichnet sich als „gefüllter Story-Teller für Deinen Hunger nach Ideen“. Zusätzlich bloggt der ausgebildete Journalist über fast jedes Thema, welches ihm vorgesetzt wird. Man muss ihn nur fragen.

NEWSLETTER-REGISTRIERUNG.

Bleiben Sie stets informiert mit unserem Newsletter.

Digital Services

Top Themen

Threads

Threads von Meta fördert durch einfache, direkte Kommunikation authentisches Engagement und verbesserten

Brandformance

Brandformance verschmilzt Brand Building und Sales Activation in einer Strategie, die Markenwert